Eine “unmögliche” schwule Liebe im österreichischen Militär

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DER BESTE FILM DES JAHRES: EISMAYER

Das HIM-Team verlost zusammen mit dem Filmverleiher Salzgeber zwei DVDs von „Eismayer“. Das Los entscheidet.

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Es ist der beste Film des Jahres, in dessen Zentrum zwei schwule Hauptfiguren stehen – die Rede ist von „Eismayer“. Vollkommen zurecht hat das Liebesdrama erst im Sommer beim österreichischen Filmpreis vier Preise abgeräumt, darunter Auszeichnungen für die beiden Hauptdarsteller sowie für Drehbuchautor und Regisseur David Wagner. Zuvor war „Eismayer“ bereits als bester Spielfilm bei den Internationalen Filmfestspielen in Venedig sowie von den Filmkritikern mit dem Max Ophüls Preis prämiert worden. In Österreich wird hinter vorgehaltener Hand bereits getuschelt, dass der Film im kommenden Jahr auch als Kandidat für den Oscar in den USA ins Rennen geschickt wird.

Auf den Punkt gebracht, wurde der Film in Venedig bereits als „Full Metal Jacket auf schwul“ beschrieben. Im Jahr 2016 stieß Regisseur und Drehbuchautor David Wagner in einer österreichischen Tageszeitung auf einen Artikel über Vizeleutnant Charles Eismayer, der sich in einen Rekruten verliebt hatte, als homosexuell outete und ihm schlussendlich in Galauniform auf dem Kasernenhof das Ja-Wort gab. „Als ich 2001 Rekrut beim österreichischen Bundesheer war, habe ich zum ersten Mal die wilden Geschichten über Vizeleutnant Charles Eismayer gehört. Auch ich habe mich vor ´dem härtesten Schleifer beim österreichischen Bundesheer´ gefürchtet, ohne ihm je begegnet zu sein. Doch die Erzählungen über ihn ließen mich nie ganz los. 15 Jahre später, während meines Regiestudiums in Hamburg, habe ich recherchiert, um nach der Geschichte dieser berühmt-berüchtigten Legende zu graben. Doch was ich gefunden habe, war zu meinem Erstaunen eine Liebesgeschichte, die mich zutiefst berührt hat: Zwei Soldaten finden zueinander, in einer Welt, in der alles dagegenspricht. Die wahre Geschichte von Charles Eismayer und darüber, wie er durch Mario Falak zu sich selbst findet, ist eine Geschichte, wie sie nur das Leben schreiben kann. Berührend, schmerzhaft, kraftvoll, aber auch skurril und komisch in unerwarteten Momenten“, so Wagner.

Im Zuge seiner Recherche lernte er auch tatsächlich den echten Charles Eismayer und seinen Ehemann Mario Falak persönlich kennen und führte mit den beiden mehrere Interviews, ebenso wie mit anderen von Eismayer ausgebildeten Rekruten. „Ich habe viele Stunden mit den beiden verbracht und dabei vor allem zugehört und Fragen gestellt. Je besser ich Charles und Mario kennen lernte und je mehr sie sich geöffnet haben, desto dringender wollte ich diesen Film drehen (…) Genauso wichtig war mir die andere Seite: Ich habe mit zahlreichen Ex-Rekruten dutzende Stunden Interviews geführt. Sie alle haben ´den Eismayer´ selbst erlebt und haben auch seine Schattenseiten beleuchtet. Dabei war es sehr spannend, zu erforschen, wie sehr dieser Mensch polarisiert. Manche waren geradezu traumatisiert und hatten noch Jahrzehnte nach ihren Erlebnissen das Bedürfnis, ihrer Angst oder Wut Ausdruck zu verleihen. Andere wiederum feierten ihn als einen Helden und die Zeit beim Bundesheer als ´die beste Zeit ihres Lebens´.“

Gleich in den ersten Minuten des Films wird dabei klar, wie knallhart Vizeleutnant Eismayer (Gerhard Liebmann) als Rekrut des österreichischen Bundesheeres ist und warum er den Ruf als strengster aller Ausbilder hat. Hart, härter, Eismayer! Wer sich unter seinem Regiment dem absoluten Gehorsam verweigert oder das hochgesteckte Maß an Disziplin nicht an den Tag legt, hat bei Österreichs gefürchtetstem „Schleifer“ garantiert nichts zu Lachen. Eismayer, mit Leib und Seele Soldat, fordert von seinen Auszubildenden körperlichen Einsatz bis an die Grenzen. Wer nicht pariert, wird niedergebrüllt. Seine gnadenlose Härte hat ihm den Status einer lebenden Legende eingebracht. Damit das auch so bleibt, darf eines niemals ans Licht kommen: Charles Eismayer ist schwul. Nur im Geheimen, vor Ehefrau (Julia Koschitz), Sohn und Kameraden verborgen, lebt er seine Liebe zu Männern aus. Eines Tages wird ihm der neue Rekrut Mario Falak (Luka Dimić) zugewiesen, der aus seiner eigenen Homosexualität keinen Hehl macht und Eismayers Autorität die Stirn bietet. Aus anfänglicher Faszination füreinander entwickelt sich bald eine Liebe, die Eismayer dazu ermutigt, sich schließlich vor seiner Frau zu outen, die sich daraufhin von ihm trennt und mit dem Sohn aus der gemeinsamen Wohnung auszieht. Mario zieht zu ihm.

Als Eismayer an Lungenkrebs erkrankt, kümmert sich Mario nicht nur um ihn, sondern wendet dessen Methoden des strengen Drills nun an ihm selbst an. Mit dem von Mario verordneten, harten Training gelingt es Eismayer, den Krebs zu besiegen, sodass er den Dienst in der Kaserne wieder aufnehmen kann, auch wenn ihm aufgrund seiner gesundheitlichen Angeschlagenheit der Posten des Ausbilders entzogen wird. Nach wie vor hält er den Kameraden gegenüber seine Beziehung mit Mario geheim. Der aber will das Versteckspiel nicht länger mitspielen, macht ihm einen Antrag und will sich öffentlich mit ihm verpartnern. Aus Angst vor dem Verlust seines Ansehens lehnt Eismayer den Antrag zunächst ab. Das will Mario aber nicht hinnehmen.

Der Film ist nicht eine Minute zu lang und erzählt packend und zutiefst bewegend von dieser besonderen und einzigartigen Liebe, dazu wird man sofort gefangen genommen von dem österreichischen Dialekt, den manch ein Zuschauer wohl teilweise nur mit Untertiteln verstehen mag – doch so gelingt es Regisseur Wagner tatsächlich, eine Realität aufzubauen, die einen unvermittelt trifft. Umso tiefer lebt, fühlt und liebt man schlussendlich mit den beiden Protagonisten mit, die beide meisterlich von dem Schauspielduo Gerhard Liebmann und Luka Dimić zum Leben erweckt worden sind. „Das Militär als Institution und als Lebensumfeld, toxische Männlichkeit und das sogenannte ´Coming-Out´ sind für sich genommen spannende Themenfelder. Doch vor allem geht es in dieser Geschichte um einen Menschen, der Angst davor hat, sein wahres Ich zu zeigen. Der Film handelt von einem Mann, der nur zu seinem Glück finden kann, wenn er diese Angst überwindet und ein verstaubtes Männerbild hinter sich lässt, das längst ausgedient haben sollte“, so Wagner weiter.

Das Besondere am Film ist dabei auch, dass er zwar tief in das Klischee dieser althergebrachten Männerwelt eintaucht, aber ebenso gekonnt kurz darauf die Vorstellungen in unseren Köpfen sprengt. „Gerade wenn Klischees aufgebrochen werden sollen, ist es notwendig, dass man seine Figuren neu denkt und ernst nimmt. Viel drückt sich da in den Dialogen aus, die mir bei der Schauspielführung sehr wichtig sind. Die Sprache, die beim Bundesheer gesprochen wird, ist sehr grob, technisch und manchmal unfreiwillig komisch. Alle Darsteller in meinem Film haben diese Sprache und eine kurze militärische Ausbildung als Vorbereitung für den Film kosten dürfen und müssen. So zu sprechen, Befehle erteilen, Befehle empfangen, das macht was mit einem.“ Gedreht wurde so auch zum Großteil an Originalschauplätzen, wobei dem jungen Regisseur wichtig war, das „Wahrhaftige an der Geschichte nicht zu verspielen“. Das ist ihm auf meisterhafte Weise gelungen und so liefert er den besten schwulen Film des Jahres ab. Das hätte man sich natürlich bereits vorab denken können mit einem Blick auf das Produktionsstudio namens „Golden Girls Film“. Kann mit so einem Namen etwas schiefgehen? Wohl nicht! (jh)

EISMAYER
DVD, deutsche Originalfassung, 87 Minuten
Mehr unter: www.salzgeber.de

Redaktionhttps://him-magazine.de
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